Das Wandern ist des Pokemonjägers Lust

Wer durch die Straßen der Städte läuft, dem fallen die vielen jungen Leute auf, die an ihrem Handy ein Kabel zur Hosentasche mit der darin steckenden Powerbar haben. Für einen normalen Handynutzer eigentlich überflüssig, für einen Pokemon-Go-Spieler unersetzlich. Die Hersteller von Powerbars freut’s. Die Geräte finden reißenden Absatz. Der Grund dafür: Die Pokemon-Go-App hat sich als wahrer Stromfresser erwiesen. Auch zu meinem Leidwesen.

Die Kids finden die App einfach klasse. Und auch die Eltern freut es, dass ihre Kinder – meist stubenhockende PC-Junkies, die nichts anderes kennen als Minecraft – endlich mal wieder den Weg an die frische Luft finden. Die Entwickler der App können stolz auf sich sein: Um Eier auszubrüten, fressen die Kinder die Kilometer zu Fuß wie im Rausch. Runter von der Couch, rein in die Natur.

Doch auch die Älteren hat die App infiziert. Ich muss zugeben, mich auch. Und für uns ältere Herrschaften hält die App ja auch einige wirklich praktische Überraschungen bereit. Man läuft zu Fuß zur Kneipe mit dem Pokestop, aktiviert diesen und schlürft in aller Ruhe sein Viertele, während man darauf wartet, dass das Handy vibriert und ein Pokemon erscheint. Ich finde, eine sehr angenehme Art, um auf die Jagd zu gehen. Das kannten unsere Vorfahren anders. Biergärten und Kneipen mit einem Pokestop erfreuen sich somit hoher Beliebtheit und schwelgen im zusätzlichen Umsatz.

Und die App betreibt auch Familienzusammenführung: Kinder und Eltern haben auf einmal ein gemeinsamen Hobby entdeckt. Zusammen wird durch die Straßen gezogen und Jagd auf Taubsi, Rattfratz und Co. gemacht. Und am Sonntagnachmittag finden mittlerweile ganze Familienausflüge statt. Mit Sack und Pack geht es zu einem Platz mit mehreren Pokestops. Diese werden aktiviert und schon geht das muntere Pokemonfangen auf der Picknickdecke los. Bei Kaffee und Kuchen oder auch einer kühlen Hopfenkaltschale verbringt man so den Nachmittag an der frischen Luft.

Geocaching ohne Chance

Erstaunlich allerdings finde ich, dass sich Pokemon-Go derart schnell verbreitet hat, während Geocaching – trotz großen Anhangs – sein Dasein fristet. Dabei ist Geocaching doch nichts anderes, vielleicht nur etwas realer und bodenständiger. Wenn ich vor ein paar Wochen zu meinem Kind gesagt hätte „Wir gehen Geocachen“, hätte ich nur ein müdes Lächeln bekommen. Dieser Fakt hat sich um 180° gedreht. Ein Wort von Pokemon und schon steht das Kind in der Tür und will Monster suchen. Eine großartige Wandlung.

Bei all diesen positiven Eigenschaften fallen doch die paar negativen Auswirkungen nicht auf. Als Autofahrer sollte man allerdings derzeit erhöhte Aufmerksamkeit walten lassen – sonst ziert ein Pokemonjäger schnell mal die Motorhaube. Auch wer einen Pokestop im Garten hat, wird nicht „amused“ sein, wenn eine schreiende Horde Jugendlicher vor seinem Grundstück herumlungert. Doch hier ist Linderung in Sicht. Wenn es Winter wird, wird bei der Pokemon-Fangemeinde der Freiluftdrang relativ schnell nachlassen.

Neue Features

Niantic Labs hat ein erstes Update für das Augmented-Reality-Spiel Pokémon Go ausgerollt. In den neuen Versionen 0.31.0 (Android) und 1.1.0 (iOS) sind einige neue Funktionen sowie Bugfixes enthalten. So können Spieler nun das Aussehen ihrer Trainer-Avatare auch nachträglich noch ändern. Auch an der Schadensberechnung bei Wettkämpfen haben die Entwickler gedreht. Zudem soll die bisher in Schritten angegebene Entfernung zu Pokémons in de Nähe wegen zu großer Ungenauigkeiten entfallen.

Die App-Entwickler und Nintendo sind unterdessen gegen die Anbieter von Pokémon-Trackern vorgegangen, die alle Pokemons in der Umgebung auf einer Straßenkarte angezeigt haben. Die Anbieter sollen Abmahnungen mit Unterlassungsforderungen erhalten haben. PokeHound und PokeVision sind offline, Poké Radar funktioniert noch.

Zum Schluss

Ein kleiner Wermutstropfen bleibt allerdings: Unter der ganzen Pokemon-Jagerei leidet zurzeit das Brettspiel und damit auch die Rezensionsschreiberei. Doch ich gelobe Besserung. Die Spiel 2016 steht vor der Tür und die ersten Neuerscheinungen stehen schon auf der Liste. Bleibt nur zu hoffen, dass das Wetter möglichst bald etwas schlechter wird. Und außerdem muss ich jetzt los…

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