Spiele kommen länger auf den Prüfstand

Mogeln will gelernt sein. Erst recht, wenn man beim Mogel-Verlag arbeitet. Auf der Spiel 2017 hat der Verlag das zweite Mal ausgestellt. Ich sprach mit Jürgen Loth, einem der Verlagsgründer, über den Verlag, die Spiel 2017 und natürlich neue Spiele.

Jürgen, der Mogel-Verlag ist jetzt etwas mehr als ein Jahr alt. Wie fällt dein Fazit für das erste Jahr aus?

Jürgen: Wir sind mehr als zufrieden. Die Stimmung im Verlag selbst und um ihn herum ist ausgezeichnet. Wir erhalten tolle Rückmeldungen und mit unserer Neuheit Lanzeloth ist es uns gelungen uns als Verlag gut weiter zu entwickeln. Das ist alles unheimlich aufregend und nach wie vor sehr spannend für uns. Im Prinzip sehen wir uns jede Woche vor neuen Herausforderungen, die wir natürlich gerne annehmen.

Jürgen Loth ist einer der Mitgründer des Mogel Verlages

Jürgen Loth ist einer der Mitgründer des Mogel Verlages

Wie kam Euer Stand auf der Spiel 17 an? Zufrieden mit der Resonanz?

Jürgen: Ganz eindeutig: Ja! Bereits im letzten Jahr waren wir überrascht, dass so viele Besucher*innen ausgerechnet uns besuchen, da wir ja das erste mal auf der Spiel waren. Im Vorfeld der diesjährigen Messe haben wir beinah bezweifelt, dass uns das in diesem Jahr wieder gelingt. Doch tatsächlich lief es so, dass wir deutlich mehr Besucher*innen als im letzten Jahr hatten. Das liegt wohl zum Einen daran, dass viele uns aus dem letzten Jahr in Erinnerung behielten, aber zum Anderen auch daran, dass unsere Neuheit Lanzeloth doch sehr beliebt ist. Einige Rezensionist*innen, Dich eingeschlossen, haben vorab sehr positiv über Lanzeloth berichtet. Das hat sicherlich dazu beigetragen, dass viele Besucher*innen unseren Verlag gezielt aufgesucht haben.

Messestand_Mogel

Viel los am Mogel-Stand auf der Spiel 2017

Zur Spiel 2016 seid ihr mit 3 Spielen gestartet: Willi Wörterwurm, Perlen tauchen und Tierisch bedroht. Diesmal gab es mit Lanzeloth nur ein Spiel. Warum?

Jürgen: Wir betreiben mittlerweile für jedes einzelne Spiel einen noch größeren Aufwand. Wir nehmen uns beispielsweise mehr Zeit, wenn es darum geht Alternativen in einem Spiel zu erproben. Genauso verhält es sich, wenn wir das Thema des Spiels gestalterisch umsetzen. Kurz gesagt: Jedes Spiel ist bei uns jetzt wesentlich länger auf dem Prüfstand. Letztlich hängt die Anzahl der Veröffentlichungen aber auch davon ab, wie stark wir zeitlich mit anderen Dingen des Verlags und unseren ‚richtigen‘ Berufen beschäftigt sind.

Der Mogel-Verlag ist ein Familienunternehmen, das ihr in eurer Freizeit stemmt. Wie macht ihr das? Wer kommt Euch bei Veranstaltungen wie der Spiel zur Hilfe?

Jürgen: Grundsätzlich arbeiten mein Bruder Michael und ich in unseren Berufen mit reduzierter Stundenzahl, um die täglichen Abläufe koordinieren zu können. Das ist schon eine Menge Arbeit, aber wir empfinden das nicht so. Es macht einfach Spaß und hält uns als Familie und Freunde zusammen. Wenn wir im Verlag mit all unseren Unterstützer*innen und Freund*innen kreativ werden, ist das immer ein unheimlich spannender und spaßiger Prozess. Da geben wir alle unsere Energie hinein und ziehen sie gleichermaßen heraus! Wir sagen immer: Der Mogel-Verlag ist eine Familie aus Geschwistern und Freunden.

Spiele erfinden ist eine kreative Angelegenheit. Wie entwickelt ihr eure Spielideen? Zum Beispiel Lanzeloth.

Jürgen: Vordergründig ist Michael für die Spielentwicklung zuständig und liefert tatsächlich alle Ideen für unsere Spiele. Er koordiniert die Abteilung Spielentwicklung. Seine Mechanismen und Spielideen präsentiert er dem ganzen Team meist bereits in einem Thema, in Form eines Prototypen. Zuvor wird die Idee in einem kleinen festen Team etliche Male getestet. Der Prototyp geht dann bestenfalls über den Tisch des gesamten Teams rein in die Testfamilien. Grundsätzlich entwickelt Michael ein Spiel über drei Zugänge: vom Thema hin zur Mechanik, von der Mechanik hin zum Thematisch oder eben von vornherein kombiniert.

Lanzeloth ist eure Neuheit zur diesjährigen Spiel gewesen. Stell uns doch das Spiel kurz vor.

Jürgen: Die Spieler treten als Ritter im großen Turnier gegeneinander an. Mit Ross und Rüstung ziehen sie in den Wettstreit. Doch bevor das geschieht, müssen sie um die besten Rüstungsteile ringen Dabei geht es nicht nur darum sich gut einzuprägen, welche eigenen Rüstungsteile mit welchen Wert ausgestattet sind. Genauso von Bedeutung ist es, möglichst schnell Informationen über die Wertigkeiten der Gegenspieler zu erhalten. Das geht durch das Ausspielen von unterschiedlichen Aktionen, aber auch über das Lesen der Mimik der Mitspieler. Wie reagieren sie auf ihre Karten, die sie ziehen? Welche Rüstungsteile erwägen sie zu tauschen? Welche Rüstungsteile haben sie bereits neu angebaut? Ein gutes Gedächtnis ist klar im Vorteil.

Lanzeloth wurde 2017 zur Spiel vorgestellt

Lanzeloth wurde 2017 zur Spiel vorgestellt

Ein kleiner Schwachpunkt im Regelwerk von Lanzeloth ist die Schlussmachregel. Wie siehst Du das?

Jürgen: Tatsächlich ist dieses Problem in den Probespielen nur am Rand aufgetaucht. Das frühe Beenden in der zweiten Runde führt in den meisten Fällen nicht zum Gewinn. Ich denke außerdem nicht, dass es sich hierbei zwangsläufig um ein Strukturproblem des Spiels handelt. Ich denke, es ist vielmehr eine Frage des Charakters. Wenn mein Interesse darin liegt, ein Spiel zu torpedieren, und nicht darin, dass es allen Spaß macht und ich als Spieler im besten Falle gewinne, dann eignen sich viele Spiele nicht. Im besten Fall weist die Spielgruppe den Saboteur 🙂 daraufhin oder ihm fällt selbst auf, dass er irgendwie trotzdem nicht gewinnt.

Offenbart Lanzeloth also den wahren Charakter eines Spielers?

Jürgen: Ich denke teilweise schon. In jedem Fall kann bei Lanzeloth quasi jeder Charakter sehr herausgefordert werden, obwohl das Spiel einen simplen Spielablauf hat.

Gibt es schon neue Projekte bzw. Spiele, an denen ihr arbeitet?

Jürgen: Wir befinden uns gerade im Abschluss des Spiels für das kommende Jahr. Ende des Jahres ist es druckreif. Soviel kann verraten werden: Es wird künstlerisch! Ein weiteres Spiel ist ebenfalls in den Startlöchern. Da es aber gerade nicht im Fokus liegt, kann ich aktuell nicht viel dazu sagen 😉

Wo kann man euch demnächst treffen?

Jürgen: Wir sind wieder fleißig unterwegs und freuen uns auf jede/n Besucher*in. Wer gerne eine Runde Karten mit uns klitschen möchte, kann uns auf diversen Veranstaltungen besuchen. Am besten besucht ihr dazu unsere Homepage www.mogel-verlag.de. Dort findet ihr alle Infos!

Vielen Dank für das Gespräch.

Werbung

Gierig währt am längsten

Mit Tumult Royal hat Kosmos zur Spiel in Essen sein neues Familienspiel vorgestellt. Das Besondere: Das Spiel ist eine Familien-Co-Produktion von Klaus Teuber und dessen Sohn Benjamin. Ich sprach mit den beiden über Tumult Royal und so manches andere.

Bernd: Klaus, beim Lesen deiner Vita bin ich über deine Studienzeit gestolpert. Du hast vor Urzeiten mal Chemie bis zum Vordiplom studiert. Offensichtlich sind Naturwissenschaftler  – insbesondere Chemiker wie wir beide – mit einem ausgeprägten Spieltrieb ausgestattet! Hast Du eine Erklärung dafür?

Klaus: Mein Interesse für die Chemie wurde mit einem Experimentierkasten von Kosmos geweckt. Bald schon bastelte ich mit Freunden Raketen mit Schwarzpulver als Treibstoff. Mein Vater brachte mich öfter zu meinen Freunden, die außerhalb der Stadt wohnten und wo wir eine Wiese für die Starts unserer Raketen nutzten. Glücklicherweise ahnte mein armer Vater nicht, was er da in Plastiktüten verpackt im Kofferraum seines Wagens transportierte.

Klaus Teuber (links) und sein Sohn Benjamin haben mit Tumult Royal ihr gemeinsames Erstlingswerk auf der Spiel`15 in Essen vorgestellt

Klaus Teuber (links) und sein Sohn Benjamin haben mit Tumult Royal ihr gemeinsames Erstlingswerk auf der Spiel`15 in Essen vorgestellt

Es ging aber immer alles gut; nur einem meiner Freunde gelang es, fast das halbe Elternhaus abzufackeln, da er seine Schwarzpulverraketen auf einem Heizkörper trocknete.

Im Grunde empfand ich die Chemie auch als eine Art Spiel, ich mixte Substanzen und war neugierig, ob ich das Versuchsziel realisieren konnte. Heute mixe ich statt Chemikalien Würfel, Karten und Figuren miteinander und bin jedes Mal aufs Neue wieder gespannt, ob ich mein Spielziel damit erreiche. Ich denke, Experimentierfreude und Neugier sind zwei starke Fundamente sowohl für die Chemie als auch für die Spielentwicklung.

Bernd: Du hast zum ersten Mal ein Spiel zusammen mit Benjamin gemacht. Wieviel Spaß hat Dir die Arbeit mit Benjamin gemacht?

Klaus: Es bereitete mir schon immer viele Freude, meine Spiele im Kreis meiner Familie zu testen. Besonders meine Frau und Benjamin waren ganz besonders kritische und daher sehr hilfreiche Tester. Irgendwann äußerte Benjamin nicht mehr nur Kritik sondern machte auch konstruktive Vorschläge zur Lösung eines Problems im Spielgefüge. Da merkte ich, dass er Feuer gefangen hatte und bald ich machte ihm folgerichtig den Vorschlag, gemeinsam Spiele zu entwickeln. Das musste ich nie bereuen – im Gegenteil: Benjamins Mitarbeit hat mich aufs Neue motiviert, Spiele zu entwickeln.  Die Chemie zwischen uns stimmt und da ich nun nicht mehr nur alleine über ein Spiel nachdenke sondern mir mit Benny die Bälle zuwerfe, wird die Entwicklung wesentlich effizienter. Ich muss wohl kaum hinzufügen, dass mir die gemeinsame Entwicklungsarbeit noch mehr Spaß als früher macht.

Tumult Royal ist das erste gemeinsame Vater-Sohn-Projekt von Klaus und Benjamin Teuber

Klaus Teuber (links) und sein Sohn Benjamin haben mit Tumult Royal ihr gemeinsames Erstlingswerk auf der Spiel`15 in Essen vorgestellt

Bernd: Benjamin, als Spieleautor hast Du mit Klaus einen der besten Lehrmeister der Szene. Wie war die Zusammenarbeit am Spiel Tumult Royal mit ihm aus deiner Sicht?

Benjamin: Im Grunde „arbeiten“ wir beide schon zusammen an Spielen, seitdem ich etwa 5 Jahre alt bin. 😉 Die Kinderspiele, die Klaus zu der Zeit entwickelte, haben wir oft an den Wochenenden zusammen gespielt. Als Kind kann man sich vermutlich nichts Schöneres vorstellen, als dass der Vater zu einem kommt und fragt, ob man Zeit zum Spielen hat. Auch in den nächsten Jahren war ich immer gerne Testspieler, der mit der Zeit auch vermehrt sein Feedback einbringen konnte. Vielleicht war das ja auch schon eine Art „Lehre“. Schön an der Zusammenarbeit empfand ich schon immer, dass Klaus ein offenes Ohr für alle möglichen Ideen und Vorschläge hat, gerne herum probiert und ein kreativer Austausch stattfinden kann. Vor 2 Jahren haben wir dann beschlossen mal von Grund auf ein Spiel gemeinsam zu entwickeln. Es hat sich gar nicht so viel geändert im Vergleich zu den früheren Testspielen, außer dass wir das Spiel von Anfang an gemeinsam bearbeiten. Heute wie damals macht die Entwicklung der Spiele mit ihm sehr viel Spaß!

Tumult Royal ist recht ausgewogen, sodass es bis zum Schluss spannend bleibt

Tumult Royal ist recht ausgewogen, sodass es bis zum Schluss spannend bleibt

Bernd: Wie ist das Spiel entstanden? Wer hat was von Euch zum Spiel beigetragen?

Benjamin: Wir saßen gemeinsam im Zug und Klaus erzählte von einer Spielidee, die er vor ein paar Jahren hatte. Es ging um ein satirisches Spiel basierend auf „Animal Farm“ von George Orwell, in dem es eine Menge Umstürze innerhalb der Klasse der Herrschenden geben sollte, die neue Herrscherklasse aber meist noch schlimmer war als die alte. Mir kam dazu spontan der Gedanke zum Mechanismus des „Steuer-Raubens“. Ab da kann man gar nicht mehr genau sagen, wer was beigetragen hat. Die Ideen bauten aufeinander auf und wir hatten etliche lebhafte Diskussionen, Testspiele und Bastelrunden, bis wir das Spiel in seiner heutigen Form hatten.

Bernd: Bei Tumult Royal greifen die Spieler als Adelige, sorry, edle Adelige dem gemeinen Volk kräftig in die Tasche und lassen ihnen gerade soviel, dass sie nicht eine Revolution anzetteln. Das ist nicht weit weg von der Realität, oder? Erklär doch mal kurz, worum es in Tumult Royal geht.

Klaus: In Tumult Royal sind wir Adlige, die überall im Königreich Statuen ihrer selbst errichten möchten. Natürlich vollkommen selbstlos und rein zum Wohle des Volkes! Die Statuen werden mit den Waren Marmor, Werkzeug und Brot errichtet, welche sich die Spieler vom Volk rauben. Grundsätzlich kann sich jeder Spieler in der „Steuer-Raubphase“ so viele Waren nehmen, wie es ihm beliebt. Nimmt er jedoch zu viele, kommt es zu einem Tumult und das Volk bestraft den gierigsten Spieler. Im Laufe des Spieles wechselt die Beliebtheit der Adligen und je nach Anzahl der Gefolgsleute, die man sammelt, wird man mal König oder „nur“ Baron. Als frisch gekrönter König darf man ebenfalls eine seiner Statuen in die Königschronik aufstellen. Der Spieler mit den meisten Statuen gewinnt am Ende das Spiel.

tumult_royal_drehscheibe

Vor der Runde wird mit der Drehscheibe festgelegt, wie viele Güter für das Volk nach der Steuer-Raubphase übrig bleiben müssen

Bernd: Das zentrale Element des Spiels ist die „Steuer-Raubphase“. Als ich den Begriff zum ersten Mal in der Regel zu Tumult Royal gelesen habe, musste ich herzhaft lachen. Wie seid Ihr nur auf diesen Begriff gekommen?

Benjamin: Irgendwie hatte sich das ganz organisch entwickelt. Ursprünglich hieß diese Phase des Spieles „Steuern eintreiben“. Aber schon nach wenigen Testspielen merkten wir, was da stattfindet ist keines Steuereintreibers mehr würdig. Jeder Spieler riss sich nach Belieben die Waren des Volkes unter den Nagel, wie es gerade passte. Das ganze hatte viel von einem Raubzug. So war es dann nur noch eine Frage von ein paar Steuer-Raubphasen, bis wir in unseren Testspielen die beiden Wörter ganz unbewusst zusammenfügten. Beim Schreiben der Regel waren wir dann bereits so an den Begriff gewohnt, dass wir ihn ohne großes Hinterfragen dort verwendet haben.

Bernd: Wer zu gierig ist, wird bei Tumult Royal zum Teil empfindlich getroffen. Wie sollte man die Steuer-Raubphase als Spieler angehen? Habt Ihr da einen Tipp für uns?

Benjamin: Man sollte sich vorher anschauen, wo man seine Statuen einsetzen möchte, denn je nach Landschaft variieren die Kosten. Ein gezielter Steuerraub führt in der Regel zu weniger Tumulten, als ein wahlloses Zusammenraffen der Waren des Volkes. Fortgeschrittene Spieler schauen sich zudem an, was andere Spieler vorhaben könnten. Wollen gerade alle Spieler ihre Statuen in Dörfern und Schlössern errichten? Dann werden viele Werkzeuge und einiges an Marmor gebraucht und man sollte bei diesen Waren aufpassen, während es beim Brot mit geringerer Wahrscheinlichkeit zu einem Tumult kommen wird.

Bernd: Tumult Royal war Euer erstes Projekt. Was kommt als nächstes? Sehen wir auf der Nürnberger Messe schon ein zweites Spiel von Euch? Und wenn ja, könnt Ihr uns schon etwas verraten?

Klaus: Ja, auf der Nürnberger Messe wird ein zweites Spiel von uns beim Kosmos Verlag veröffentlicht. Es ist ein Familienspiel, dass ein bisschen Raumgefühl, gutes Einschätzen der Mitspieler und auch ein klein wenig kriminelle Energie erfordert. 😉 Mehr dürfen wir aber leider noch nicht verraten.

Bernd: Da sind wir gespannt. Vielen Dank Euch beiden für das Interview. Und wir haben es sogar geschafft, Catan nicht zu erwähnen. Upps.

Spielbewertung für Tumult Royal von Klaus und Benjamin Teuber

Mein persönliches Fazit fällt durchweg positiv aus. Der Mechanismus der Steuer-Raubphase überzeugte auch alle anderen Testspieler. Die Grafik ist – wie immer bei Franz Vohwinkel – gekonnt gemacht und passt gut zum Spiel. Das Spielmaterial ist sehr hochwertig, leider besitzt die Schachtel keinen Einsatz, sodass das Spielmaterial in der Schachtel etwas herumfliegt. Ansonsten kann man Tumult Royal eindeutig empfehlen.

Mehr Informationen zum Spiel gibt es hier. Außerdem vielen Dank an Kosmos für ein Rezensionsexemplar.

Schwierigkeit Spielspaß Spielreiz Spielgrafik
mittel hoch hoch gekonnt
Alter Spieler Spieldauer Spielpreis
ab 10 Jahre 2 – 4 45 min ca. 30 Euro

Gesamturteil:

sterne_4_5_klein

Die Portale von Molthar: Der steinige Weg zum Spiel

Die Portale von Molthar sind ein schnelles Kartenspiel mit Fantasy-Hintergrund, das von Amigo zur Messe in Essen vorgestellt wurde. Ich sprach mit Autor Johannes Schmidauer-König und Grafiker Dennis Lohausen über das Erfinden von Spielen, die grafische Gestaltung und natürlich auch über die Portale von Molthar.

Bernd: Johannes, du bist Vollblut-Musiker. Du unterrichtest seit vielen Jahren Klavier, hast in verschiedenen Rockbands gespielt, hast musikalisches Kabarett gemacht, Improtheater gespielt und warst als Barmusiker tätig. Ich hoffe, ich habe nichts vergessen. Kurz gesagt, du hast eine ausgeprägte kreative künstlerische Ader. Ist das ein Vorteil, um erfolgreich Spiele zu erfinden?

Johannes: Ja sicher. Aber Kreativität alleine bringt nichts. Es braucht auch Hartnäckigkeit, Zähigkeit. Und vor allem viel Herzblut.

Bernd: Im Radio läuft gerade „Dieser Weg“ von Xavier Naidoo. Wie steinig und schwer war dein Weg, bis du mit „Dog Royal“ den ersten Spielekarton in Händen gehalten hast, auf dem dein Name steht? Und was für ein Gefühl war das?

Johannes Schmidauer-König ist Musiker und Spieleautor. Das Spiel

Johannes Schmidauer-König ist Musiker und Spieleautor. Das Spiel „Die Portale von Molthar“ ist eines von drei Spielen, das von Ihm zur Spiel’15 in Essen erschienen ist

Johannes: Den „steinigen Weg“ geht und ging wohl jeder Spieleautor bzw. auch jeder, der im kreativen Bereich tätig ist. Als ich das erste Mal einem Verlag eine Idee präsentiert hatte – also vor gefühlten 200 Jahren – war ich davon überzeugt, dass mein Konzept einzigartig und unschlagbar sei. Ich habe mir aber dann über die Jahre mit zahllosen Prototypen vor allem nur Ablehnungen geholt. Ein Resignieren kam aber für mich nie in Frage. Ablehnungen mit einem Feedback habe ich immer als Anstoß gesehen, ein Konzept zu überdenken.
Ein neues eigenes Spiel in den Händen zu halten, ist natürlich schon sehr besonders. Aber trotzdem war und ist dann das Auspacken des fertigen Spiels viel „nüchterner“, als man es sich wahrscheinlich gemeinhin vorstellt.

Bernd: Wie kommt das?

Johannes: Vielleicht weil ich die ganze grafische Gestaltung ja schon Monate vorher über Mail mitverfolgen kann. Vielleicht auch, weil in dem Moment, wo das Spiel erscheint, der Kopf gerade komplett von einem anderen Spiel besetzt ist. Oft ist es ja so, dass du dich ein, zwei Jahre vor dem Erscheinen des Spiels ganz intensiv mit diesem auseinandersetzt. Kommt es dann raus, ist es für dich selbst schon passé.
Speziell sind für mich die Momente, wenn ich eine Mail von einem Verlag bekomme und merke, es läuft in die „richtige Richtung“. Es ist ja nicht so, dass ein Spiel ein Jahr bei einem Verlag liegt und dann bekommst du aus heiterem Himmel eine Zusage. Viel mehr baut sich das langsam auf. Das beste Gefühl ist eigentlich dann da, wenn die ersten Illustrationen eintreffen und ich merke, dass alles passt.

Bernd: Was ist bei dir zuerst da – ein Thema oder eine Spielidee?

Johannes: Früher war es meist ein Mechanismus, der am Anfang stand. Jetzt ist es auch oft ein Thema, das mich nicht locker lässt und in ein Spiel verpackt werden will. Von einem Thema auszugehen, finde ich im Moment sehr spannend. Es gibt aber auch Ideen, die sicher schon ein, zwei Jahrzehnte in einer geistigen Schublade herumliegen und etwas Staub angesetzt haben. Sie warten auf den richtigen Moment.

Bernd: Was braucht ein gutes Spiel deiner Meinung nach?

Johannes: Emotion.

Bernd: Seit diesem Jahr startet deine Spieleautorenkarriere richtig durch. Nach „Vienna“ sind zur diesjährigen Spiel ´15 mit „Cornwall“, „Team Play“ und „Die Portale von Molthar“ gleich drei Spiele von Dir erschienen. Hattest du die Ideen zu diesen Spielen schon länger bzw. waren sie schon in der Schublade?

Johannes: Bei „Team Play“ war schon vor über zwei Jahren fixiert, dass es bei Schmidt gemacht wird. Es war aber auch von Anfang an klar, dass es noch längere Zeit dauern wird, bis es auf den Markt kommt. Bei „Cornwall“ (ebenfalls Schmidt) war es umgekehrt, da ging alles sehr schnell und ich war überrascht, als es von Seiten des Verlags hieß, es kommt gleich diesen Herbst heraus.
Für „Die Portale von Molthar“ habe ich im Frühjahr 2014 die Zusage von Amigo bekommen. Wir haben anschließend noch einiges ausprobiert bis wir zum finalen Produkt gekommen sind. Die Grundideen zu diesen Spielen reichen also meist schon einige Jahre zurück.

Bernd: Mit „Die Portale von Molthar“ ist dein erstes Spiel bei Amigo erschienen. Wie würdest du dieses Spiel selbst einordnen?

Jeder Spieler besitzt bei Die Portale von Molthar ein Portal, über das er die Figuren in das Reich von Molthar schicken kann

Jeder Spieler besitzt bei Die Portale von Molthar ein Portal, über das er die Figuren in das Reich von Molthar schicken kann

Johannes: „Die Portale von Molthar“ sind ein schnelles Kartenspiel mit einem stimmungsvollen Fantasy-Thema. Schnell in dem Sinn, dass du deine Aktionen recht flott ausführst und es so zu keinen Wartezeiten kommt. Das Spiel selbst dauert zwischen 30 und 45 Minuten. Ich würde es als leicht gehobenes Familienspiel sehen.

Bernd: Stell uns doch bitte kurz das Spiel vor. Worum geht es?

Johannes: „Die Portale von Molthar“ sind ein Sammelspiel. Während deines Zuges kannst du dreimal eine Aktion ausführen. Etwa eine Perlenkarte (mit einem Wert von 1-8) oder eine Auftragskarte aufnehmen. Oder auch eine Auftragskarte durch Ausspielen der geforderten Perlenkombination erfüllen und somit aktivieren.

Die Auslage: Oben die Perlenkarten, unten die Charakterkarten

Die Auslage: Oben die Perlenkarten, unten die Charakterkarten

Erfüllte Auftragskarten bringen Siegpunkte, bisweilen auch Effekte. Manche Effekte sind einmalig, etwa indem du einem Mitspieler eine Handkarte klaust oder ihm einen noch unerfüllten Auftrag entfernst. Manche sind dauerhaft, etwa die Erhöhung deines Handkartenlimits, eine permanente vierte Aktion, dauerhafte Perlenkarten…
„Die Portale von Molthar“ laufen in jedem Spiel anders ab. Manche Karten werden dir in einer Partie sehr stark erscheinen, in der nächsten dann wieder schwächer. Manche Spieler stürzen sich nach dem Prinzip „Nur Bares ist Wahres“ vor allem auf Siegpunktkarten, andere nutzen geschickt Effektkombinationen, andere wiederum setzen auf Diamanten, mit denen sie die Werte ihrer Perlen etwas manipulieren können. Es ist spannend zuzusehen, welches Prinzip sich durchsetzt. Es ist definitiv nicht so, dass du nach einer Viertelstunde sagen kannst, wer gewinnen wird. Hier erlebst du immer wieder Überraschungen.
Hat ein Spieler 12 Siegpunkte erreicht, wird das Spielende eingeleitet. Der Spieler mit den meisten Siegpunkten gewinnt – also meistens nicht ich!

Bernd: Anderes Thema: Welchen Stellenwert hat für dich die Grafik eines Spiels?

Johannes: Bei den „Portalen von Molthar“ hat die Grafik einen sehr hohen Stellenwert, weil hier – wie ich finde – das Spiel in eine geheimnisvolle Grundstimmung eingebettet wird. Ich habe manche der Figuren schon richtig in mein Herz geschlossen. Für Liebhaber des Märchen- und Fantasy-Genres hat Dennis Lohausen einige nette Details und Spielereien reingepackt.
Bei anderen Spielen – etwa „Team Play“ oder „Dog Royal“ ist die Grafik rein funktionell gehalten aber genauso passend. Hier würden kunstvoll gestaltete Karten wohl nur ablenken. Übrigens hat Dennis Lohausen auch diese beiden Spiele gestaltet. Dass er somit einen Großteil meiner Spiele illustriert hat, ist jedoch eher ein Zufall. Das wurde immer von Seiten des Verlages entschieden – sehr gut entschieden, wie ich betonen möchte.

Bernd: Fragen wir mal den Grafiker: Dennis, das hört sich doch gut an, oder?

Der Grafiker Dennis Lohausen hat drei der vier Spiele von Johannes Schmidauer-König illustriert

Der Grafiker Dennis Lohausen hat drei der vier Spiele von Johannes Schmidauer-König illustriert

Dennis: Auf jeden Fall! Ich habe erst im Lauf der Arbeit an den Portalen bemerkt, dass Johannes und ich mit Team Play ein weiteres gemeinsames Spiel veröffentlichen. Bei DOG Royal ist es mir eben gerade erst aufgefallen.

Bernd: Du hast die Charakterkarten in Die Portale von Molthar mit vielen fantastischen Motiven filmischer oder märchenhafter Personen gestaltet. Wie kam es dazu?

Dennis: Die Grundidee dazu kommt vom zuständigen Amigo-Redakteur Uwe Mölter. Der wollte gern einen Mix aus mehr oder weniger bekannten Märchen und Fantasy  Figuren –  wohl auch, damit sich das Spiel von den „Ork/Elf/Drache“ Klischees abhebt. Die Figuren in dem Spiel kommen quasi aus dem Reich der Fantasie, in dem alle Wesen real sind, die jemals in einer ausgedachten Geschichte erwähnt wurden. Mir hat diese Idee sofort gefallen, ich musste dabei an den Song „Imaginations from the other Side“ von Blind Guardian denken – das war dann auch häufig mein Soundtrack beim Pinseln. Vor dieser Zusammenarbeit wusste ich nicht, dass Uwe ein großer Kenner von fantastischer Literatur und Filmen ist. So hatten wir zusammen viel Spaß beim Entwickeln der Thematik und der Auswahl der Figuren.

Bernd: Wie viele Entwürfe hat es gebraucht, bis das Spiel fertig war?

Dennis: Das ist schwer zu sagen. Im Ganzen haben wir vier Monate am dem Spiel gearbeitet. In dieser Zeit wurden natürlich immer wieder Zwischenschritte getestet und überarbeitet. Da Uwe und ich von Anfang an alles genau besprochen und eine sehr ähnliche Vorstellung vom Endprodukt hatten, gab es eher wenige unterschiedliche Entwürfe. Viel mehr war es so, dass die ersten Skizzen einfach konsequent weiterentwickelt und optimiert wurden. Die meiste Arbeit, neben der reinen Illustration, hat dabei das Kartenlayout und die sprachunabhängige Symbolik gemacht. Da hatten wir einige unterschiedliche Versionen, bis alles in der finalen Form fertig war.

Bernd: Was war dir bei der grafischen Darstellung besonders wichtig?

Dennis: Aus spieltechnischer Sicht war es natürlich vorrangig, dass alle relevanten Informationen so klar wie möglich vermittelt werden. Auf der illustrativen Ebene sollen die Spieler aber auch vom Thema begeistert werden. Daher soll alles, bis hin zu den Kartenrückseiten phantastisch und besonders aussehen. Bei den Charakteren war es mir wichtig, dass die Spieler die diversen Vorlagen erkennen können, ohne dass sie  direkt im Spiel genannt werden. Auch sollten die Figuren einigermaßen zu der Art bzw. Funktion der Karte passen. Daher sind Karten die mehrfach im Spiel sind, eher allgemeine Figuren oder solche, die eine Verdoppelung zulassen, z.B. die 7 Zwerge oder Tweedledee und Tweedledum. Die Hexe hat eher einen negativen Effekt, ein Golem hilft mit mehreren Aktionen usw.

Bernd: Bist du mit dem Ergebnis selbst zufrieden? Welche Karte ist dir deiner Meinung nach am besten gelungen?

Dennis: Puh, wie soll ich das entscheiden? Mit Captain Hook, dem verrückten Hutmacher und dem geflügelten Affen bin ich auf jeden Fall sehr zufrieden.

Tipps für das erste Spiel

Bernd: Johannes, hast du noch ein paar Tipps für meine Leser, die das erste Mal „Die Portale von Molthar“ spielen.

Johannes: Karten mit Dauereffekten sind natürlich in der Anfangsphase des Spiels viel nützlicher als gegen Ende. Je weiter das Spiel fortgeschritten ist, desto wichtiger werden Aufträge mit Siegpunkten und desto unwichtiger werden Aufträge mit verlockenden Effekten. Nimmst du neue Auftragskarten, achte darauf, welche davon aufgrund von erworbenen Dauereffekten leichter für dich zu erfüllen sind.
Liegen in der Auslage sowohl eine passenden Perlenkarte als auch ein passender Auftrag, nimm zuerst den Auftrag! Da die Auslage sofort wieder aufgefüllt wird und manche der Perlenkarten ein Symbol tragen, das den kompletten Austausch der ausliegenden Auftragskarten bewirkt, kann es sonst zu einem „Hoppala“-Moment kommen.

Bernd: Ein Sprichwort lautet „Nach der Spiel ist vor der Spiel“ oder so ähnlich. Kannst du uns einen Ausblick auf deine nächsten Projekte geben?

Johannes: Über ungelegte Eier mag ich nicht sprechen. Es werden zwar im Moment einige Prototypen von Verlagen getestet, aber da ist es noch viel zu früh, etwas Konkretes zu sagen. Ein Projekt jedoch läuft sehr „rund“, das soll an dieser Stelle als kryptischer Hinweis reichen.

Bernd: Vielen Dank an Euch für das Gespräch.

Die Portale von Molthar bei Amazon kaufen