504 von Friedemann Friese ist eine Spielesammlung der besonderen Art. Doch wie rezensiert man eine Spielesammlung? 504 hat mich als Rezensierenden echt an meine Grenzen gebracht. Aber nicht nur mich. Wohl auch den Autor selbst. Drei Jahre Entwicklungsarbeit und nochmal 10 Monate für die Erstellung des Regelheftes haben ein Wunderwerk der Spielewelt erschaffen. Allein vor dieser Leistung ziehe ich den Hut. Doch was ist es wert?

504 ist eine Spielesammlung der besonderen Art. Das Spiel ist modular aufgebaut…
Im Gegensatz zur klassischen Spielesammlung, bei der es sich um Variationen unterschiedlicher Spiele handelt, ist 504 modular aufgebaut. Das Spiel besteht aus 9 Modulen mit unterschiedlichem Charakter. Immer drei der Module werden zu einem Spiel kombiniert. Daher auch der Name: Mit der Regel 3 aus 9 entstehen 504 Kombinationen (9 x 8 x 7 = 504). Jetzt werden ein paar Schlaumeier sagen: „Hey Alter, stimmt doch gar nicht! Die Kombination 123 und 312 ergibt doch das gleiche Spiel.“ Und ich sage: „Stimmt, wenn es nicht für jede Position, an der ein Modul steht, unterschiedliche Regeln gäbe.“ Das tut es nämlich. Je nachdem, auf welcher Position ein Modul gespielt wird, bringt es tatsächlich andere Regelbausteine in das Gesamtspiel mit ein. Auf diese Weise sind die Spiele 123 und 312 tatsächlich unterschiedlich. Und darin liegt bei 504 auch der Hund begraben: Selbst wenn ich jede Woche mit meinen Spielekumpels eine Partiekombination abarbeite, bin ich locker zehn Jahre beschäftigt, um alle Partien einmal zu spielen. Und wer weiß, welche Schätze sich in welcher Kombination verbergen. Ich denke, hier ist die Schwarmintelligenz des Internets gefragt.
Die neun Module
Es macht keinen Sinn, an dieser Stelle auf 504 Spiele einzugehen (die ich natürlich nicht gespielt habe), darum beschränke ich mich darauf, die neun Module und die Grundregeln kurz vorzustellen. Im Prinzip decken die neun Module (Transport, Wettlauf, Privilegien, Militär, Entdecken, Straßen, Mehrheiten, Produktion, Aktien) die klassischen Spielemechanismen ab. Je nachdem, für welches Modul man sich als erstes entscheidet, legt man den Charakter eines Spieles fest. Mit den beiden anderen Modulen wird dieser Charakter verfeinert und abgewandelt. Entsprechend gestalten sich die Spielenamen: „Die Welt der fahrenden Pioniere mit Hang zum Individuellen“ (123) oder „Die Welt der individuellen Händler unter Zeitdruck“ (312). Es gibt aber auch ganz schön schräge Kombinationen wie „Die Welt der börsennotierten Erforscher mit Gewaltpotenzial“ (954). Das liegt an der skurilen Story, die hinter 504 steckt. Die Ludosophen, begnadete Wissenschaftler in einer fernen Galaxie, experimentieren mit verschiedenen Völkern. Immer drei Völker, die nach bestimmten Prinzipien leben, werden auf eine Welt geschickt, um ihr Zusammenleben zu erforschen – da können schon mal gewaltbereite Wissenschaftsspekulanten bei rauskommen.

Die Schachtel mit Inhalt wiegt rund 1,7 kg. Bei 504 Spielvarianten macht das gerade einmal 3,5 g pro Variante. Geht eigentlich…
Bevor ein Spiel beginnen kann, müssen zunächst einige Spielvorbereitungen getroffen werden. Es gibt insgesamt fünf Spielpläne. Jedes Modul schlägt einen Spielplan vor. Gespielt wird auf dem Plan mit der höchsten Priorität. Genauso funktioniert es mit der Spielreihenfolge und dem Startgeld. Außerdem bringt jedes Modul sein eigenes Spielmaterial mit und macht Vorgaben zum Spielablauf. Das ist auch ein Nachteil: Ohne wälzen des Regelbuches geht hier gar nichts.

Die Regel ist dreigeteilt. Auf einer Doppelseite steht das gesamte Regelwerk für eine Kombination.
Der Reiz des Spiels
Worin liegt also der Reiz von 504? Zunächst dachte ich, der Reiz läge darin, möglichst viele unterschiedlich Spiele zu machen und als erster den High-Score von 504 zu knacken. Nachdem ich mich eine Weile mit dem Spiel beschäftigt habe, bin ich mittlerweile zu einem anderen Ergebnis gekommen. Ich habe viele hundert Spiele gespielt. Manche nur einmal, weil sie doof waren, andere viele male, weil sie Spaß gemacht haben. Doch auch letztere Spiele, die ich hier im Blog vielleicht mit 5 Sternen rezensiert habe, landen letztendlich in der Ecke des Spieleschrankes, weil ich mich neuen, unbekannten Spielen zuwende. Und genau darin liegt für mich der Reiz von 504: Auch wenn ich das Spiel bereits zehnmal gespielt habe, habe ich jetzt ein Spiel im Schrank, das mir noch 494 andere Spiele bereithält. Wann immer ich Lust auf ein neues Spiel habe, kann ich die schwere Schachtel hervorziehen und mir eine neue Kombination zum Spielen heraussuchen. Ein Nachteil bleibt allerdings: In 504 Spielen wechselt nicht ein einziges Mal die Grafik. Die bleibt immer gleich. Auch wenn man mit den Mechanismen viele andere Spiele nachahmen kann, atmosphärisch bleibt man immer im 504-Imperium. Das muss man wollen.
Fazit
504 ist kein Spiel für Standardspieler oder Familien, auch wenn einige Kombinationen leicht zu spielen sind. Aufgrund der komplexen Spielanleitung, der Fülle an Spielmaterial und der Tatsache, dass man 504 nicht einfach auspackt und losspielt, eignet sich das Spiel nur für wahre Liebhaber des Unbekannten und Spielefreaks. 504 wird wahrscheinlich kein Spiel des Jahres werden und es eignet sich auch nicht zum Blockbuster, der sich 100.000-fach verkauft. 504 entspricht nicht einem Bücherbestseller, und trotzdem haben der Autor sein Team hier Großes vollbracht. Das muss man neidlos anerkennen. Für rund 65 Euro erhalten Freunde des ausgefallenen Spiels ein Game, an dem man durchaus viel Spaß haben kann.
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Spielbewertung für 504 von Friedemann Friese
Schwierigkeit |
Spielspaß |
Spielreiz |
Spielgrafik |
leicht bis komplex |
kommt auf die Kombi an |
interessant |
wird nach der 500sten Partie eintönig 🙂 |
Alter |
Spieler |
Spieldauer |
Spielpreis |
ab 12 Jahre |
2 – 4 |
30 – 120 min |
65 Euro |
Eine Sterne-Kennzeichnung spare ich mir hier. Dafür ist der Charakter der einzelnen Spiele zu unterschiedlich. Manche sind gut, andere weniger gut. Einen Durchschnittswert anzugeben halte ich aber für Blödsinn. Letztendlich ist es eben wie bei einer Spielesammlung. Vielen Dank an 2F für das Rezensionsexemplar.
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