Gierig währt am längsten

Mit Tumult Royal hat Kosmos zur Spiel in Essen sein neues Familienspiel vorgestellt. Das Besondere: Das Spiel ist eine Familien-Co-Produktion von Klaus Teuber und dessen Sohn Benjamin. Ich sprach mit den beiden über Tumult Royal und so manches andere.

Bernd: Klaus, beim Lesen deiner Vita bin ich über deine Studienzeit gestolpert. Du hast vor Urzeiten mal Chemie bis zum Vordiplom studiert. Offensichtlich sind Naturwissenschaftler  – insbesondere Chemiker wie wir beide – mit einem ausgeprägten Spieltrieb ausgestattet! Hast Du eine Erklärung dafür?

Klaus: Mein Interesse für die Chemie wurde mit einem Experimentierkasten von Kosmos geweckt. Bald schon bastelte ich mit Freunden Raketen mit Schwarzpulver als Treibstoff. Mein Vater brachte mich öfter zu meinen Freunden, die außerhalb der Stadt wohnten und wo wir eine Wiese für die Starts unserer Raketen nutzten. Glücklicherweise ahnte mein armer Vater nicht, was er da in Plastiktüten verpackt im Kofferraum seines Wagens transportierte.

Klaus Teuber (links) und sein Sohn Benjamin haben mit Tumult Royal ihr gemeinsames Erstlingswerk auf der Spiel`15 in Essen vorgestellt

Klaus Teuber (links) und sein Sohn Benjamin haben mit Tumult Royal ihr gemeinsames Erstlingswerk auf der Spiel`15 in Essen vorgestellt

Es ging aber immer alles gut; nur einem meiner Freunde gelang es, fast das halbe Elternhaus abzufackeln, da er seine Schwarzpulverraketen auf einem Heizkörper trocknete.

Im Grunde empfand ich die Chemie auch als eine Art Spiel, ich mixte Substanzen und war neugierig, ob ich das Versuchsziel realisieren konnte. Heute mixe ich statt Chemikalien Würfel, Karten und Figuren miteinander und bin jedes Mal aufs Neue wieder gespannt, ob ich mein Spielziel damit erreiche. Ich denke, Experimentierfreude und Neugier sind zwei starke Fundamente sowohl für die Chemie als auch für die Spielentwicklung.

Bernd: Du hast zum ersten Mal ein Spiel zusammen mit Benjamin gemacht. Wieviel Spaß hat Dir die Arbeit mit Benjamin gemacht?

Klaus: Es bereitete mir schon immer viele Freude, meine Spiele im Kreis meiner Familie zu testen. Besonders meine Frau und Benjamin waren ganz besonders kritische und daher sehr hilfreiche Tester. Irgendwann äußerte Benjamin nicht mehr nur Kritik sondern machte auch konstruktive Vorschläge zur Lösung eines Problems im Spielgefüge. Da merkte ich, dass er Feuer gefangen hatte und bald ich machte ihm folgerichtig den Vorschlag, gemeinsam Spiele zu entwickeln. Das musste ich nie bereuen – im Gegenteil: Benjamins Mitarbeit hat mich aufs Neue motiviert, Spiele zu entwickeln.  Die Chemie zwischen uns stimmt und da ich nun nicht mehr nur alleine über ein Spiel nachdenke sondern mir mit Benny die Bälle zuwerfe, wird die Entwicklung wesentlich effizienter. Ich muss wohl kaum hinzufügen, dass mir die gemeinsame Entwicklungsarbeit noch mehr Spaß als früher macht.

Tumult Royal ist das erste gemeinsame Vater-Sohn-Projekt von Klaus und Benjamin Teuber

Klaus Teuber (links) und sein Sohn Benjamin haben mit Tumult Royal ihr gemeinsames Erstlingswerk auf der Spiel`15 in Essen vorgestellt

Bernd: Benjamin, als Spieleautor hast Du mit Klaus einen der besten Lehrmeister der Szene. Wie war die Zusammenarbeit am Spiel Tumult Royal mit ihm aus deiner Sicht?

Benjamin: Im Grunde „arbeiten“ wir beide schon zusammen an Spielen, seitdem ich etwa 5 Jahre alt bin. 😉 Die Kinderspiele, die Klaus zu der Zeit entwickelte, haben wir oft an den Wochenenden zusammen gespielt. Als Kind kann man sich vermutlich nichts Schöneres vorstellen, als dass der Vater zu einem kommt und fragt, ob man Zeit zum Spielen hat. Auch in den nächsten Jahren war ich immer gerne Testspieler, der mit der Zeit auch vermehrt sein Feedback einbringen konnte. Vielleicht war das ja auch schon eine Art „Lehre“. Schön an der Zusammenarbeit empfand ich schon immer, dass Klaus ein offenes Ohr für alle möglichen Ideen und Vorschläge hat, gerne herum probiert und ein kreativer Austausch stattfinden kann. Vor 2 Jahren haben wir dann beschlossen mal von Grund auf ein Spiel gemeinsam zu entwickeln. Es hat sich gar nicht so viel geändert im Vergleich zu den früheren Testspielen, außer dass wir das Spiel von Anfang an gemeinsam bearbeiten. Heute wie damals macht die Entwicklung der Spiele mit ihm sehr viel Spaß!

Tumult Royal ist recht ausgewogen, sodass es bis zum Schluss spannend bleibt

Tumult Royal ist recht ausgewogen, sodass es bis zum Schluss spannend bleibt

Bernd: Wie ist das Spiel entstanden? Wer hat was von Euch zum Spiel beigetragen?

Benjamin: Wir saßen gemeinsam im Zug und Klaus erzählte von einer Spielidee, die er vor ein paar Jahren hatte. Es ging um ein satirisches Spiel basierend auf „Animal Farm“ von George Orwell, in dem es eine Menge Umstürze innerhalb der Klasse der Herrschenden geben sollte, die neue Herrscherklasse aber meist noch schlimmer war als die alte. Mir kam dazu spontan der Gedanke zum Mechanismus des „Steuer-Raubens“. Ab da kann man gar nicht mehr genau sagen, wer was beigetragen hat. Die Ideen bauten aufeinander auf und wir hatten etliche lebhafte Diskussionen, Testspiele und Bastelrunden, bis wir das Spiel in seiner heutigen Form hatten.

Bernd: Bei Tumult Royal greifen die Spieler als Adelige, sorry, edle Adelige dem gemeinen Volk kräftig in die Tasche und lassen ihnen gerade soviel, dass sie nicht eine Revolution anzetteln. Das ist nicht weit weg von der Realität, oder? Erklär doch mal kurz, worum es in Tumult Royal geht.

Klaus: In Tumult Royal sind wir Adlige, die überall im Königreich Statuen ihrer selbst errichten möchten. Natürlich vollkommen selbstlos und rein zum Wohle des Volkes! Die Statuen werden mit den Waren Marmor, Werkzeug und Brot errichtet, welche sich die Spieler vom Volk rauben. Grundsätzlich kann sich jeder Spieler in der „Steuer-Raubphase“ so viele Waren nehmen, wie es ihm beliebt. Nimmt er jedoch zu viele, kommt es zu einem Tumult und das Volk bestraft den gierigsten Spieler. Im Laufe des Spieles wechselt die Beliebtheit der Adligen und je nach Anzahl der Gefolgsleute, die man sammelt, wird man mal König oder „nur“ Baron. Als frisch gekrönter König darf man ebenfalls eine seiner Statuen in die Königschronik aufstellen. Der Spieler mit den meisten Statuen gewinnt am Ende das Spiel.

tumult_royal_drehscheibe

Vor der Runde wird mit der Drehscheibe festgelegt, wie viele Güter für das Volk nach der Steuer-Raubphase übrig bleiben müssen

Bernd: Das zentrale Element des Spiels ist die „Steuer-Raubphase“. Als ich den Begriff zum ersten Mal in der Regel zu Tumult Royal gelesen habe, musste ich herzhaft lachen. Wie seid Ihr nur auf diesen Begriff gekommen?

Benjamin: Irgendwie hatte sich das ganz organisch entwickelt. Ursprünglich hieß diese Phase des Spieles „Steuern eintreiben“. Aber schon nach wenigen Testspielen merkten wir, was da stattfindet ist keines Steuereintreibers mehr würdig. Jeder Spieler riss sich nach Belieben die Waren des Volkes unter den Nagel, wie es gerade passte. Das ganze hatte viel von einem Raubzug. So war es dann nur noch eine Frage von ein paar Steuer-Raubphasen, bis wir in unseren Testspielen die beiden Wörter ganz unbewusst zusammenfügten. Beim Schreiben der Regel waren wir dann bereits so an den Begriff gewohnt, dass wir ihn ohne großes Hinterfragen dort verwendet haben.

Bernd: Wer zu gierig ist, wird bei Tumult Royal zum Teil empfindlich getroffen. Wie sollte man die Steuer-Raubphase als Spieler angehen? Habt Ihr da einen Tipp für uns?

Benjamin: Man sollte sich vorher anschauen, wo man seine Statuen einsetzen möchte, denn je nach Landschaft variieren die Kosten. Ein gezielter Steuerraub führt in der Regel zu weniger Tumulten, als ein wahlloses Zusammenraffen der Waren des Volkes. Fortgeschrittene Spieler schauen sich zudem an, was andere Spieler vorhaben könnten. Wollen gerade alle Spieler ihre Statuen in Dörfern und Schlössern errichten? Dann werden viele Werkzeuge und einiges an Marmor gebraucht und man sollte bei diesen Waren aufpassen, während es beim Brot mit geringerer Wahrscheinlichkeit zu einem Tumult kommen wird.

Bernd: Tumult Royal war Euer erstes Projekt. Was kommt als nächstes? Sehen wir auf der Nürnberger Messe schon ein zweites Spiel von Euch? Und wenn ja, könnt Ihr uns schon etwas verraten?

Klaus: Ja, auf der Nürnberger Messe wird ein zweites Spiel von uns beim Kosmos Verlag veröffentlicht. Es ist ein Familienspiel, dass ein bisschen Raumgefühl, gutes Einschätzen der Mitspieler und auch ein klein wenig kriminelle Energie erfordert. 😉 Mehr dürfen wir aber leider noch nicht verraten.

Bernd: Da sind wir gespannt. Vielen Dank Euch beiden für das Interview. Und wir haben es sogar geschafft, Catan nicht zu erwähnen. Upps.

Spielbewertung für Tumult Royal von Klaus und Benjamin Teuber

Mein persönliches Fazit fällt durchweg positiv aus. Der Mechanismus der Steuer-Raubphase überzeugte auch alle anderen Testspieler. Die Grafik ist – wie immer bei Franz Vohwinkel – gekonnt gemacht und passt gut zum Spiel. Das Spielmaterial ist sehr hochwertig, leider besitzt die Schachtel keinen Einsatz, sodass das Spielmaterial in der Schachtel etwas herumfliegt. Ansonsten kann man Tumult Royal eindeutig empfehlen.

Mehr Informationen zum Spiel gibt es hier. Außerdem vielen Dank an Kosmos für ein Rezensionsexemplar.

Schwierigkeit Spielspaß Spielreiz Spielgrafik
mittel hoch hoch gekonnt
Alter Spieler Spieldauer Spielpreis
ab 10 Jahre 2 – 4 45 min ca. 30 Euro

Gesamturteil:

sterne_4_5_klein

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